Finanzverwaltung reagiert auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen eines Kindes in den Grenzbetrag bei den Einkünften und Bezügen

Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, werden im Rahmen des Familienleistungsausgleichs (Kindergeld/Freibeträge für Kinder) nur berücksichtigt, wenn deren eigenen Einkünfte und Bezüge den unschädlichen Betrag (Grenzbetrag) von derzeit 7.680 Euro nicht übersteigen.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 11.1.2005 (2 BvR 167/02) entschieden, dass die Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen des Kindes in den Grenzbetrag gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz verstößt. Folglich sind die Einkünfte des Kindes um die Arbeitnehmeranteile der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge (Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) zu kürzen.

Diese Entscheidung hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Festsetzung von Kindergeld bzw. die steuermindernde Berücksichtigung der Freibeträge für Kinder im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung der Eltern, sondern auch mittelbare Auswirkungen auf andere steuerrechtliche Vergünstigungen, z. B. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, zumutbare Belastung, Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs bei Berufsausbildung, Übertragungsmöglichkeit des Pauschbetrags für behinderte Menschen und des Hinterbliebenen-Pauschbetrags auf die Eltern, Kinderzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz und Erhöhung der unschädlichen Einkunftsgrenze bei der Eigenheimzulage oder Kinderzulage im Rahmen der Altersvorsorgezulage.

Das BVerfG stellt lediglich fest, dass Sozialversicherungsbeiträge einem Kind nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen. Der Beschluss lässt jedoch ausdrücklich offen, ob auch noch andere zweckgebundene Einkünfte des Kindes unberücksichtigt zu lassen sind. Die Finanzbehörden erörtern derzeit, ob weitere Einkommensbestandteile dem Kind nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen (z. B. Lohn- und Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag, Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung) und damit nicht bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge des volljährigen Kindes zu erfassen sind.

Aus verfahrensrechtlicher Sicht soll insbesondere geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen ggf. rückwirkend Kindergeld bzw. die Freibeträge für Kinder einschließlich der daran anknüpfenden weiteren kindbedingten Steuervergünstigungen gewährt werden können.

Bis dahin will die Verwaltung laufende Einkommensteuerveranlagungen für das Kalenderjahr 2004 unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durchführen. Darüber hinausgehende Anträge auf Minderung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes in Höhe weiterer Einkommensbestandteile sollen nicht berücksichtigt werden. Die entsprechenden Steuerfestsetzungen erfolgen allerdings unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Gleiches gilt für noch offene Veranlagungen vor dem Kalenderjahr 2004.

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