Pendlerpauschale gerichtlich sowohl als verfassungswidrig wie auch als verfassungsgemäß beurteilt


Durch die Neuregelung des Jahressteuergesetzes 2007 können Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seit dem 1.1.2007 nicht mehr als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden.

Aufgrund einer Härtefallregelung soll die Pendlerpauschale mit 0,30 Euro lediglich noch ab dem 21. Entfernungskilometer "wie" Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu berücksichtigen sein. Diese Regelung stieß bereits während des Gesetzgebungsverfahrens auf verfassungsrechtliche Bedenken.

In einer ersten Entscheidung hält der 8. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts die Neuregelung zur Pendlerpauschale für verfassungswidrig. Es hat deshalb mit Beschluss vom 27.2.2007 ein anhängiges Verfahren ausgesetzt und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen.

Im Streitfall erzielten die Kläger (Ehegatten) Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit. Für ihre Aufwendungen für Fahrten zur Arbeitsstätte - vom gemeinsamen Wohnort 41 km (Ehemann) bzw. 54 km (Ehefrau) entfernt - beantragten sie jeweils die Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 2007 unter Berücksichtigung der vollständigen Entfernung. Das Finanzamt gewährte den Freibetrag lediglich unter Berücksichtigung der Fahrten ab dem 21. Entfernungskilometer.

In einem weiteren Fall hat der 7. Senat des gleichen Gerichts mit Beschluss vom 2.3.2007 das beteiligte Finanzamt verpflichtet, den Steuerpflichtigen den beantragten Freibetrag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auch für die ersten 20 Entfernungskilometer im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung) auf der Lohnsteuerkarte einzutragen.

Auch das Finanzgericht Saarbrücken erklärte mit Beschluss vom 22.3.2007 die gesetzliche Neuregelung für verfassungswidrig und legte den Fall dem Bundesverfassungsgericht vor. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hingegen entschied mit Urteil vom 7.3.2007, dass die durch das Steueränderungsgesetz 2007 neu geregelte gekürzte Entfernungspauschale mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Der auf der Lohnsteuerkarte eingetragene Freibetrag entspreche dem Gesetz. Durch das Steueränderungsgesetz sei hinsichtlich der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine Systemänderung vorgenommen worden. Sie stellten nunmehr keine Werbungskosten mehr dar. Diese gesetzgeberische Grundentscheidung gehe davon aus, dass die Berufssphäre bzw. Arbeitssphäre erst "am Werkstor" beginne. Die nunmehrige Zuordnung der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu der Privatsphäre sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Denn bei diesen Aufwendungen handle es sich nicht um originäre Werbungskosten. Sie seien bisher lediglich durch das Einkommensteuergesetz den Werbungskosten gleichgestellt worden. Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen

Anmerkung: Die Oberfinanzdirektion Münster lässt mit Verfügung vom 15.3.2007 eine Aussetzung der Vollziehung (z. B. im Lohnsteuer-Anmeldungsverfahren) trotz der gegenteiligen Beschlüsse nicht zu. Die Einkommensteuer 2007 wird nach Abgabe der Steuererklärung erst im Jahr 2008 festgesetzt. Sollte das BVerfG bis dahin keine Entscheidung getroffen haben, und sollten die Bescheide dann keinen Vorläufigkeitsvermerk haben, muss innerhalb eines Monats nach Erhalt des Steuerbescheides 2007 unter Berufung auf das beim BVerfG anhängige Verfahren Einspruch eingelegt werden.

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