Änderung beim Vorsteuerabzug für gemischt genutztes Gebäude

Steuerpflichtige können die Vorsteuer aus dem Erwerb bzw. der Herstellung eines insgesamt dem Unternehmensvermögen zugeordneten Gebäudes in voller Höhe sofort geltend machen, wenn es zu mehr als 10 % für unternehmerische Zwecke genutzt wird. Im Gegenzug unterliegt die private Verwendung eines Gebäudeteils jedes Jahr der Umsatzsteuerpflicht. Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer sind die anteiligen zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigten Kosten z. B. für den laufenden Unterhalt sowie für die Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Mit dem EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz wurde die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, bei der Anschaffungs- und Herstellungskosten auf zehn Jahre zu verteilen sind, gesetzlich festgeschrieben. In der Praxis wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass die Verteilung auf 50 Jahre entsprechend der einkommensteuerlichen Abschreibungsregelungen vorzunehmen ist, was für die Steuerpflichtigen wesentlich günstiger wäre.

  • Beispiel: Ein Unternehmer lässt von einem Bauunternehmen ein Gebäude für 500.000 Euro zzgl. 80.000 Euro USt. errichten. Das Gebäude wird von ihm zu 50 % betrieblich und zu 50 % privat genutzt sowie insgesamt dem Unternehmensvermögen zugeordnet. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann der Unternehmer die gesamte Umsatzsteuer, also 80.000 Euro, steuerlich geltend machen.

    Die Bemessungsgrundlage für die umsatzsteuerpflichtige private Verwendung beträgt nach der Neuregelung durch das EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz zehn Jahre lang jährlich 1/10 der 50%igen Anschaffungskosten (= 250.000 Euro), also 25.000 Euro. Die pro Jahr zu zahlende USt. beträgt 16 % von 25.000 Euro = 4.000 Euro. Der finanzielle Vorteil wird folglich verteilt auf zehn Jahre wieder rückgängig gemacht.

    Bei Anwendung der einkommensteuerlichen AfA-Regelung als Bemessungsgrundlage für die Privatnutzung würde die Umsatzsteuer im Beispielsfalle nur 800 Euro jährlich betragen (Bemessungsgrundlage 500.000 Euro : 2 = 250.000 Euro x 2 % AfA = 5.000 Euro; davon 16 % = 800 Euro).

Anmerkung: Sowohl das Finanzgericht München wie auch das Niedersächsische Finanzgericht äußern Zweifel an der Verteilung der Anschaffungs-/Herstellungskosten auf zehn Jahre. Sie haben dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) deshalb die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die umsatzsteuerliche Regelung (Verteilung auf zehn Jahre) oder die innerstaatliche Regelung über die jährliche AfA von Gebäuden in Höhe von i. d. R. 2 % der Herstellungs-/Anschaffungskosten anzuwenden ist.

Nach einer Verfügung der Oberfinanzdirektion Nürnberg vom 7.2.2005 ruhen Einsprüche, in denen sich der Unternehmer auf das anhängige Verfahren beim Bundesfinanzhof (V R 56/04) beruft. Anträgen auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung soll stattgegeben werden. Sollte der EuGH zugunsten der Steuerpflichtigen entscheiden, spielt die neue deutsche gesetzliche Regelung (Verteilung auf zehn Jahre) keine Rolle.

Bitte beachten Sie: Die Finanzverwaltung will die Zuordnung eines Grundstücks zum Unternehmen erklärt haben. Für Grundstücke/Gebäude, die nach dem 30.6.2004 angeschafft, hergestellt oder ins Betriebsvermögen eingelegt werden, soll die bisherige Unterstellung der Zuordnung zum unternehmerischen Bereich nicht mehr gelten, sofern keine anders lautende schriftliche Erklärung abgegeben wurde.

Entgegen der bisherigen Auffassung soll die Entnahme des Gebäudes unter der Voraussetzung, dass das Grundstück/Gebäude zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, nunmehr als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung unterliegen. Eine Zuordnung des privat genutzten Teils zum Unternehmen sollte wegen der möglichen Konsequenzen gut überlegt sein und grundsätzlich nur in Absprache mit dem steuerlichen Berater erfolgen.

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