Bundesfinanzhof bezweifelt die Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber eingeholt, ob das Erbschaft- und Schenkungseuergesetz in der ab 1.1.1996 geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz verfassungswidrig ist. Er hält die gesetzlichen Regelungen über die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer für gleichheitswidrig ausgestaltet. Dies führt zwangsläufig auch zu einem gleichheits- und damit verfassungswidrigen Steuertarif.

  • Die (pauschalen) Begünstigungen für das Betriebsvermögen bestehend aus Unterbewertung durch Übernahme der Steuerbilanzwerte sowie niedrige Bewertung der Betriebsgrundstücke, Freibetrag in Höhe von 256.000 Euro sowie Bewertungsabschlag in Höhe von 40 % sind nach Auffassung des BFH in ihrer Gesamtwirkung zu weitgehend. Die Übernahme der Steuerbilanzwerte verstößt wegen ihrer unkontrollierten und von Zufällen abhängigen Be- und Entlastungswirkungen nach Auffassung des BFH gegen das Gleichbehandlungsgebot.

    Für die aus Unterbewertung (bei nicht notierten Anteilen), Freibetrag (256.000 Euro) und vermindertem Wertansatz (Abschlag von 40 %) bestehende pauschale Entlastung des Erwerbs von Anteilen an Kapitalgesellschaften fehlt es an einem Begünstigungsgrund.
  • Das Ertragswertverfahren für bebaute Grundstücke entspricht nach dem Beschluss nicht den sich aus dem Grundgesetz ergebenden Anforderungen. Es führt im Verhältnis zu den Verkehrswerten zu keinem gleichmäßigen Steuerwertniveau. Vielmehr werden Erwerber bebauter Grundstücke als Folge ungeeigneter Bewertungsmaßstäbe extrem unterschiedlich be- oder entlastet. In einer großen Anzahl von Fällen kommt es bei der Bewertung bebauter Grundstücke zu einer erheblichen Unterbewertung (unter 40 % des Verkehrswertniveaus, teilweise noch deutlich niedriger). Für die Gewährung eines Freibetrags (256.000 Euro) und eines Bewertungsabschlags (40 %) beim Erwerb des – im Übrigen nur mit 10 % des Verkehrswerts anzusetzenden – land- und forstwirtschaftlichen Vermögens besteht kein sachlicher Grund. Es handelt sich um eine Überprivilegierung dieser Vermögensart.
  • Der BFH beanstandet ferner die Rechtsformabhängigkeit der – für Betriebsvermögen vorgesehenen – Begünstigungen (Freibetrag, Bewertungsabschlag, Tarifbegrenzung) beim Erwerb von Anteilen an Gesellschaften, den sog. "gewerblich geprägten Personengesellschaften", sowie den bloß vermögensverwaltenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
  • Ferner hält der BFH die Verrechnung miteinander nicht vergleichbarer Werte für gleichheitswidrig. Hierzu kommt es u. a. beim gesetzlich zugelassenen ungekürzten Abzug der mit unterbewertetem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden.

Anmerkung: Wie das BVerfG entscheiden wird, kann zur Zeit nicht vorausgesagt werden. Sollte es jedoch der Einschätzung des BFH folgen, was auch von vielen Experten erwartet wird, droht den "privilegierten Vermögensarten" und damit allen Beschenkten und Erben von Betriebsvermögen, bebauten Grundstücken bzw. land- und forstwirtschaftlichen Vermögen aller Voraussicht nach eine höhere Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Steuerpflichtige, die sich mit der Nachfolgeplanung befassen und Vermögen an die nächste Generation übergeben möchten, sollten deshalb ihre Überlegungen intensivieren und vor jeder Aktion steuerlichen Rat einholen.

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