Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am 25.4.2008 das Gesetz zur
strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung gebilligt. Damit
kann das Gesetz wie geplant zum 1.7.2008 in Kraft treten.
Nachfolgend sollen die wichtigsten Kernpunkte der Pflegereform aufgezeigt
werden:
- Finanzierung der Pflegereform: Der allgemeine Satz steigt auf 1,95 % (vorher: 1,7
%) bzw. für Kinderlose, die das 23. Lebensjahr bereits vollendet
haben, auf 2,2 % (vorher: 1,95 %). Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen
diese Beiträge je zur Hälfte, nur der Beitragszuschlag für
Kinderlose (0,25 %) ist vom Arbeitnehmer allein zu tragen. Im Bundesland
Sachsen gilt - wie bisher - eine abweichende Regelung bei der Verteilung
der Beitragslast zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern: Der Arbeitnehmer
trägt 1,475 % (bzw. kinderlose Arbeitnehmer nach Vollendung des 23.
Lebensjahres 1,725 %) und der Arbeitgeber 0,475 %.
- Einführung einer Pflegezeit für Beschäftigte: Mit
dem Inkrafttreten der Pflegereform wird ein Anspruch auf eine Pflegezeit
eingeführt. Für die Dauer von bis zu 6 Monaten kann sich ein
Arbeitnehmer von der Arbeit freistellen lassen. In der Zeit ist der
Arbeitnehmer sozialversichert, bezieht aber kein Gehalt. Der Anspruch
auf Freistellung gegenüber einem Arbeitgeber besteht in Betrieben
mit mehr als 15 Beschäftigten.
In dieser Pflegezeit wird die Beitragszahlung zur Rentenversicherung -
wie bereits nach geltendem Recht - von der Pflegekasse übernommen,
wenn die Pflegeperson mindestens 14 Stunden in der Woche pflegt. Der
Kranken- und Pflegeversicherungsschutz bleibt in der Regel während
der Pflegezeit erhalten, da dort regelmäßig eine
Familienversicherung besteht. Sollte keine Familienversicherung möglich
sein, muss sich der pflegende Angehörige freiwillig in der
Krankenversicherung weiterversichern und entrichtet dafür den
Mindestbeitrag. Die Krankenversicherung führt automatisch auch zur
Absicherung in der Pflegeversicherung. Auf Antrag erstattet die
Pflegeversicherung den Beitrag in der Kranken- und Pflegeversicherung
bis zur Höhe des Mindestbeitrages. Der Versicherungsschutz in der
Arbeitslosenversicherung bleibt erhalten. Die Beiträge zur
Arbeitslosenversicherung werden von der Pflegekasse übernommen.
Wenn jemand unerwartet zum Pflegefall wird, tritt für die Angehörigen
oft eine schwierige Situation ein, in der schnell eine Menge organisiert
werden muss. Dafür wird neben dem Anspruch auf Pflegezeit Beschäftigten
ein Anspruch auf kurzzeitige Freistellung für bis zu 10 Arbeitstage
eingeräumt.
- Die finanziellen Leistungen der Pflegeversicherung steigen: Wird
die Pflege durch Pflegefachkräfte erbracht, besteht Anspruch auf häusliche
Pflegehilfe. Diese Leistungen erhöhen sich wie folgt:
| Ambulante Sachleistungen |
| Pflegestufe |
bisher |
1.7.2008 |
1.1.2010 |
1.1.2012 |
| Stufe I |
384 Euro |
420 Euro |
440 Euro |
450 Euro |
| Stufe II |
921 Euro |
980 Euro |
1.040 Euro |
1.100 Euro |
| Stufe III* |
1.432 Euro |
1.470 Euro |
1.510 Euro |
1.550 Euro |
* Die Stufe III für Härtefälle im ambulanten
Bereich in Höhe von 1.918 Euro monatlich bleibt unberührt.
Wird die Pflege selbst sichergestellt, zahlt die Pflegeversicherung ein
Pflegegeld. Dieses erhöht sich wie folgt:
| Pflegegeld |
| Pflegestufe |
bisher |
1.7.2008 |
1.1.2010 |
1.1.2012 |
| Stufe I |
205 Euro |
215 Euro |
225 Euro |
235 Euro |
| Stufe II |
410 Euro |
420 Euro |
430 Euro |
440 Euro |
| Stufe III |
665 Euro |
675 Euro |
685 Euro |
700 Euro |
Ebenfalls erhöhen sich die Leistungen bei einer sog. Verhinderungspflege.
Ist eine Pflegeperson vorübergehend wegen Krankheit oder Urlaub
an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegeversicherung die
Kosten einer Ersatzpflege für bis zu vier Wochen.
Bisher lag die Grenze bei 1.432 Euro/Jahr. Ab dem 1.7.2008 gelten 1.470
Euro, ab 2010 bis 1.510 Euro und ab 2012 1.550 Euro. Diese erhöhten
Beträge gelten auch für die Kurzzeitpflege.
Im Bereich der stationären Pflege erhöhen sich die
Leistungen in der Pflegestufe III wie folgt:
| Vollstationäre Versorgung |
| Pflegestufe |
bisher |
1.7.2008 |
1.1.2010 |
1.1.2012 |
| Stufe III |
1.432 Euro |
.1470 Euro |
1.510 Euro |
1.550 Euro |
| Stufe III (Härtefall) |
1.688 Euro |
1.750 Euro |
1.825Euro |
1.918 Euro |
Die stationären Sachleistungsbeträge der Stufen I und II
bleiben zunächst unverändert.
- Ausweitung der Leistungen für Menschen mit eingeschränkter
Alltagskompetenz (z. B. Altersdemenz) im ambulanten Bereich: Ab
1.7.2008 werden je nach Betreuungsbedarf ein Grundbetrag und ein erhöhter
Betrag eingeführt. Der Betreuungsbetrag steigt von bisher 460 Euro
jährlich auf bis zu 100 Euro monatlich (Grundbetrag) bzw. 200 Euro
monatlich (erhöhter Betrag), also auf 1.200 Euro bzw. 2.400 Euro jährlich.
Personen mit einem vergleichsweise geringeren allgemeinen
Betreuungsaufwand erhalten den Grundbetrag. Personen mit einem im Verhältnis
dazu höheren allgemeinen Betreuungsbedarf bekommen den erhöhten
Betrag.
Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz der sog. Pflegestufe
0 erhalten erstmals auch diese Leistungen.
- Schaffung von Pflegestützpunkten: Von den Pflege- und
Krankenkassen werden, in der Regel für je 20.000 Einwohner,
Pflegestützpunkte eingerichtet, wenn dieses von den entsprechenden
Bundesländern entschieden wird. Aufgaben der Pflegestützpunkte
sind z. B. Auskunft und Beratung der Pflegeversicherten und der in ihrem
Interesse handelnden Personen. Die Stützpunkte sollen gesundheitsfördernde,
präventive, kurative, rehabilitative oder sonstige medizinische
sowie pflegerische und soziale Hilfs- und Unterstützungsangebote
vermitteln und koordinieren.
- Prüfung für Pflegeeinrichtungen: Die Qualitätsprüfung
der Pflegeeinrichtungen wird verschärft. Der Medizinische Dienst der
Krankenkassen wird demzufolge bis Ende 2010 jede Einrichtung mindestens
ein Mal und ab 2011 jährlich in der Regel unangemeldet überprüfen.
Stärker berücksichtigt werden sollen dabei der Pflegezustand und
die Zufriedenheit der pflegebedürftigen Person. Zudem sollen die
Ergebnisse veröffentlicht werden. An "gut sichtbarer Stelle,
etwa im Eingangsbereich der Einrichtung" sollen ferner eine
Zusammenfassung der aktuellen Prüfergebnisse sowie eine leicht verständliche
Bewertung in Form einer Ampel oder mit Sternen erfolgen.
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